Friederich K., alias "Kupzinger"
Mehr ->Projekt Karwendel: einfaches Stellwerk mit Relaistechnik
Erstellt am Dienstag, 27. August 2013, zuletzt aktualisiert am Donnerstag, 5. September 2013
Das übliche Problem beim Modelleisenbahnbau ist ja bekanntlich, dass man sich zu viel vornimmt und dann nie das angestrebte Ziel erreicht. Auf die Steuerung meiner Anlage bezogen bedeutet dies: geträumt wird von einer Steuerung am SmartPhone mit automatischen Zugfahrten und elektronischen Stellwerk. Stand der Technik auf der Anlage ist aber: Kippschalter für Weichen, Signale und abschaltbare Gleise.
Für mein neustes Modul "Abzweig Pyrkerfeld" wollte ich nun doch etwas in die Richtung eines "echten" Stellwerkes mit Fahrstraßenverriegelung gehen. Die Ideen reichten vom funktionsfähigen Nachbau eines mechanischen Verriegelungsregisters bis hin zu einer geätzten Platine mit zig Relais, Tastern und LEDs. Doch damit die Sache noch übersichtlich und umsetzbar bleibt, habe ich mich letztlich entschieden, eine Technologie einzusetzen, die auch bei der echten Bahn noch im Einsatz ist: Relaistechnik. Für kleine Bahnhöfe mit wenigen Gleisen und einer übersichtlichen Anzahl von Fahrstraßen ist dies eine interessante und vom Bauteilaufwand her übersichtliche Lösung. Da dieser Ansatz aus meiner Sicht ein gewisses Nachbaupotential hat, weil die Steuerung kein allzu großes Elektronik-Know-How voraussetzt, möchte ich sie im Detail hier vorstellen.
Das Bedienkonzept lehnt sich hier stark an mechanische Stellwerke an. Um jedoch nicht mit großem Aufwand Drahtzug-Stellhebel aus dem Vollen fräsen zu müssen, werden stattdessen Kippschalter verwendet. Von „look&feel“ kommen diese immerhin ansatzweise den Hebeln eines mechanischen Stellwerks nahe. Leider haben sie den Nachteil, dass man das Umschalten nicht mechanisch verriegeln kann. Die Ersatzstrategie ist, eine bestehende Verriegelung durch eine rote LED anzuzeigen und den Schalter dann funktionslos zu machen. Wird ein „verriegelter“ Kippschalter doch umgeschaltet, geschieht einfach nichts.
Zuerst kurz ein paar Grundlagen zu den Schaltungselementen des Stellwerkes. Ein einfaches Relais besteht aus einer Spule und einem oder mehreren mechanisch gekoppelten Schaltern. Fließt Strom durch die Spule, zieht der Schalter an (bzw. schaltet von einer Stellung zur anderen). Ist der Spulenstrom weg, fällt das Relais wieder zurück. Im Bild oben links ist gezeigt, wie man damit einen kleinen Speicher bauen kann. Wird der Taster links betätigt, zieht das Relais an und versorgt sich von nun an "selbst" mit Strom - der Taster kann auch losgelassen werden, der Zustand "an" wird gespeichert. Öffnet man den rechten Taster oder Schalter, unterbricht man diesen Kreis und das Relais schaltet ab, wir gelangen in den Zustand "aus". Dieses Prinzip wird bei den Fahrstraßen meines Stellwerkes angewandt.
Ein weiteres Prinzip, dass bei diesem Relaisstellwerk verwendet wird, ist das verdrahtete ODER (siehe oben rechts). Diese logische Verknüpfung wird zum Beispiel benötigt, wenn eine Weiche verriegelt wird bei Fahrstraße 1 ODER Fahrstraße 2. Dies lässt sich leicht mit einer Diode pro ODER-Strang erreichen. Die Sammelleitung hat 12 V (strenggenommen etwas weniger wegen der Diode), wenn mindestens eine der Zuleitungen auf 12 V-Potential gelegt wird. Die Dioden verhindern, dass die Spannung an einem der Eingänge an einen anderen Eingang der Schaltung weitergeleitet wird.
Ein weiteres Prinzip, dass bei diesem Relaisstellwerk verwendet wird, ist das verdrahtete ODER (siehe oben rechts). Diese logische Verknüpfung wird zum Beispiel benötigt, wenn eine Weiche verriegelt wird bei Fahrstraße 1 ODER Fahrstraße 2. Dies lässt sich leicht mit einer Diode pro ODER-Strang erreichen. Die Sammelleitung hat 12 V (strenggenommen etwas weniger wegen der Diode), wenn mindestens eine der Zuleitungen auf 12 V-Potential gelegt wird. Die Dioden verhindern, dass die Spannung an einem der Eingänge an einen anderen Eingang der Schaltung weitergeleitet wird.
Mein Stellwerk ist konzipiert für Flügelsignale und Weichen mit Doppelspulenantrieb mit drei Anschlüssen (1 = Hp1/gerade, 2 = Hp0/abzweigend, 3 = gemeinsame Masse). Damit haben diese Schaltelemente eine Art von Zustandsgedächtnis. Will man hingegen Lichtsignale ansteuern, muss noch etwas Treiberlogik dazwischen gebastelt werden.
Also beginnen wir mit den Anforderungen an ein Fahrstraßenstellwerk. Geht man von einfachen Verhältnissen aus, bei denen einfach jedes Signal und jede Weiche mit einem Schalter betätigt wird, muss eine hinzugefügte Fahrstraßensteuerung folgende Anforderungen erfüllen:
A1: Eine Fahrstraße darf nur aktiviert werden, wenn alle Weichen entsprechend gelegt sind.
A2: Eine Weiche kann nicht mehr umgeschaltet werden, wenn Sie in einer aktivierten Fahrstraße liegt.
A3: Das Fahrstraßensignal kann nur auf Fahrt gestellt werden, wenn eine zugehörige Fahrstraße aktiviert ist.
A4: Solange das Fahrstraßensignal auf Fahrt steht, darf die Fahrstraße nicht deaktiviert werden.
Im Vergleich zu einem echten Stellwerk sind ein paar Vereinfachungen möglich. So sollte es für Modellbahnverhältnisse genügen, die Weichenstellung aus der Stellung des zugehörigen Schalters abzuleiten (und nicht von einem Rückmeldekontakt der Weiche). Dies ist eine Grundsatzentscheidung, die ihre Vor- und Nachteile hat. Aus dem Punkten A1 und A2 ergibt sich dann aber, dass die Prüfung der richtigen Weichenstellung nur vor der Aktivierung der Fahrstraße stattfinden darf, nicht mehr aber, wenn die Fahrstraße dann aktiviert ist. Ansonsten würde ein versehentlich umgestellter Weichenschalter die Fahrstraße auflösen und damit alle Weichen wieder entriegeln. Hierfür ist der oben beschriebene Speicher notwendig, der eine Fahrstraße aktiviert hält, bis sie absichtlich wieder zurückgenommen wird. Den eingesparten Kontakt und die zusätzlichen Leitungen erkauft man sich also durch ein Relais. Da ich einige Weichen einsetze, wo das Nachrüsten eines Rückmeldekontaktes sehr aufwändig ist, habe ich mich für diese Lösung entschieden. Mischlösungen sind aber auch möglich.
Für kleinere Bahnhöfe kann außerdem der Fahrstraßenhebel mit dem Signalhebel zusammengelegt werden. Dadurch werden Schalter, Relais und Bedienschritte gespart, denn es erledigen sich die Anforderungen A3 und A4. Es ist dann allerdings nicht mehr möglich, das Einfahrsignal schon auf Hp0 zu stellen, während die Weichen der Fahrstraße noch verriegelt sind. Bei einem Bahnhof, wo unter dem am Bahnsteig stehenden Zug keine Weichen liegen die fälschlicherweise verstellt werden könnten, ist dies aus meiner Sicht kein Problem.
Das Stellwerk besteht im Prinzip aus zwei Teilen:
1. Die Fahrstraßenlogik, welche dafür sorgt, dass Fahrstraßen nur dann eingestellt werden können, wenn alle Weichen (auch Bahnübergänge, Gleissperren etc.) richtig gestellt sind. Hier werden auch die Signale gesteuert.
2. Die Weichenlogik, welche Weichen in Abhängigkeit von Fahrstraßen verriegelt.
Die Abbildung oben zeigt das Prinzip der Fahrstraßenlogik. Im Mittelpunkt steht der Relais-Speicher, wie oben beschrieben. Der Fahrstraßenhebel ist als zweipoliger Kippschalter mit Mittelstellung ausgeführt. So kann man zwei Fahrstraßen, welche dieselben Weichen verriegeln, zu einer zusammenfassen (typischerweise derselbe Gleisabschnitt mit unterschiedlicher Fahrtrichtung). Der Schalter hat weniger die Aufgabe, die Fahrstraße einzustellen, als sie aufzulösen, indem er in Mittelstellung gesetzt wird. Wird er hingegen nach links oder rechts gelegt, ist es möglich, dass die Fahrstraße eingestellt wird. Zusätzliche Voraussetzung ist jedoch, dass der rechts oben eingezeichnete Transistor durchschaltet. Und das tut er nur, wenn keine andere kollidierende Fahrstraße und auch keine falsch gestellte Weiche ihn durch ein 12 V-Signal an einer der Dioden daran hindert (der PNP-Transistor leitet, wenn die Basis auf Massepotential liegt).
Fahrstraßenschalter als auch Relais sind zweipolig ausgeführt, eine Seite für die Logik, eine Seite zum Stellen der Signale. Links im Plan ist beispielhaft gezeigt, wie zwei Signale an jedem Ende der Fahrstraße in unterschiedlicher Fahrtrichtung angeschlossen werden können. Solange das Fahrstraßenrelais nicht eingeschaltet wird, werden beide Signale fest auf Hp0 geschaltet. Zieht das Relais an, entscheidet die Lage des Fahrstraßenhebels (links oder rechts) darüber, welches Signal auf Hp1 wechselt. Das andere bekommt keine Steuerspannung mehr und bleibt somit auf Hp0.
Die Technik der Weichenverriegelung ist im Plan oben zu sehen. Diese Schaltung ist deutlich einfacher. Links ist als Referenz eine Weiche ohne Verriegelung gezeigt. Rechts eine Weiche mit Verriegelung. Wenn das Relais anzieht, wie im Plan gezeigt, kann die Weiche nicht mehr geschaltet werden. Die Verriegelung ergibt sich aus einer ODER-Verknüpfung aller Fahrstraßen, welche die Weiche berühren. Der Verriegelungs-Eingang wird mit dem Punkt "A" der jeweiligen Fahrstraßenlogik verbunden. Nicht eingezeichnet ist der zweite Pol des Weichenhebels, welcher zum Ausschluss von Fahrstraßen verwendet wird.
Soweit die Theorie. Für meine Abzweigstelle Pyrkerfeld mit einer einzigen Weiche, einem Bahnübergang und drei Signalen habe ich ein erstes Versuchsstellwerk gebaut. Im Gegensatz zu "normalen" Bahnhöfen ist hier nur ein Gleisfeld zu bedienen, das Stellwerk ist mit vier Fahrstraßen recht übersichtlich. Ein ausgewachsener Bahnhof ist dann mindestens doppelt so groß, wobei man für beide Bahnhofshälften auch getrennte Stellwerke vorsehen kann.
Den Aufbau des Prototyps habe ich auf einer Lochrasterplatine durchgeführt. LEDs und Schalter fixieren die Platine hinter der Frontplatte. Den kompletten Schaltplan von Pyrkerfeld kann man hier anschauen: www.kupzog.de/Stellwerk_Abzw_Pyrkerfeld.pdf
Zum Verbinden habe ich die klassische Fädeltechnik angewandt: es wird lackierter Kupferdraht (z.B. 0,2 mm) verwendet, um kreuz und quer Verbindungen auf der Platine herzustellen. Abisoliert wird der Draht durch kurzes hineinhalten in heißes Lötzinn auf der Kolbenspitze. Das Ergebnis ist von unten gesehen nicht gerade das ordentlichste, aber die Technik ist schnell, robust und umbaufreundlich.
Eine erste Verbesserung, die sich aus der Bauerfahrung ergeben hat, ist, Kippschalter mit Printmontage zu verwenden. Pro Schalter sechs Drähte anzulöten und diese dann in die Platine einzufädeln ist eine relativ zeitraubende Angelegenheit. Allerdings sind zweipolige Kippschalter mit Mittelstellung und Printanschlüssen nicht so leicht zu bekommen.
Das Gehäuse ist optisch an das Fahrstraßenbedienfeld eines mechanischen Stellwerks angelehnt. Nur die vier rechten Schalter sind für Weichen und Fahrstraßen, der rechte Teil ist modellbahnerischen Notwendigkeiten gezollt: Fahrreglerwahl und Schalter für einzelne Gleisabschnitte. Die Fahrstraßen müssten eigentlich mit Kleinbuchstaben bezeichnet sein, man verzeihe diesen Beschriftungsfehler.
Zuletzt das Stellwerk in Aktion. Zur Orientierung rechts die Ortssituation in Pyrkerfeld.
(1) In der Grundstellung sind beide Fahrstraßenhebel gesperrt (rote LEDs), da Weiche und Bahnübergang falsche Position haben. Die Fahrtstraßen lassen sich jetzt nicht anwählen, ein Umschalten der Schalter hätte keinen Effekt.
(2) Nach dem Runterlassen der Schranken (2. Schalter von Links) wird die Fahrstraße a2 "Einfahrt von Signal A auf Abzweig" bzw. die Gegenrichtung "Ausfahrt von Signal C" möglich (bedingt durch die Lage von W1, hier fälschlicherweise Abzweig statt geradem Strang in Grundstellung - muss ich noch korrigieren). Die entsprechende ganz rechte rote LED erlischt.
(3) Durch Umstellen der Weiche W1 auf geraden Strang ist nun der linke Fahrtstraßenhebel freigegeben und der rechte gesperrt.
(4) Jetzt ist die Fahrstraße a1 "Einfahrt von Signal A auf Gleis 1" eingestellt. Gleichzeitig ist auch das Signal A auf Hp1 gestellt worden. Weiche W1 und der Bahnübergang sind nun verriegelt, was durch zwei rote LEDs angezeigt wird. Ein Umschalten des Weichen- bzw. BÜ-Kippschalters hat so lange keinen Effekt, bis der Fahrstraßenhebel wieder in Mittelstellung gebracht wird.
Das Ganze ist sicherlich keine allzu detailgetreue, aber doch realitätsnahe Nachbildung nach Vorbild der Abläufe eines mechanischen Stellwerkes. Bei der Bedienung kommt Fahrdienstleiterfeeling aufÂ… und die eine oder andere beinahe-Kollision durch falsch gestellte Weichen wird auch wirkungsvoll vermieden.
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Folgende Kommentare wurden hinzugefügt:
BW 5291 am Donnerstag, 29. August 2013
Hallo Frederich,
ein einfaches Stellwerk ist wohl stark untertrieben :-) Ich bin echt beeindruckt von deiner Schaltung, dazu noch alles sehr sauber ausgeführt und perfekt dokumentiert.
Auch die Tunneleinfahrt mit der 70er ist dir wunderbar gelungen! Sehr gekonnt patiniert und begrünt. Eine aussergewöhnlich gute Leistung, wie ich finde.
Viele Grüsse
Jürgen
ein einfaches Stellwerk ist wohl stark untertrieben :-) Ich bin echt beeindruckt von deiner Schaltung, dazu noch alles sehr sauber ausgeführt und perfekt dokumentiert.
Auch die Tunneleinfahrt mit der 70er ist dir wunderbar gelungen! Sehr gekonnt patiniert und begrünt. Eine aussergewöhnlich gute Leistung, wie ich finde.
Viele Grüsse
Jürgen
Kupzinger am Freitag, 30. August 2013
Hallo Jürgen,
Lieben Dank für den schönen Kommentar! Bei der Gelegenheit: Gratulation zum Kiefernwald.
Beste Grüße
Kupzinger
Lieben Dank für den schönen Kommentar! Bei der Gelegenheit: Gratulation zum Kiefernwald.
Beste Grüße
Kupzinger
joka am Donnerstag, 5. September 2013
moin "fiete" kupzinger,
ein weiter wertvoller beitrag von dir. dem kommentar von jürgen kann ich mich nur anschließen. freue mich schon auf weitere beiträge von dir.
lg
jörg
ein weiter wertvoller beitrag von dir. dem kommentar von jürgen kann ich mich nur anschließen. freue mich schon auf weitere beiträge von dir.
lg
jörg
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